Die Ausstellung „Horst: Photographer of Style” wandelte vor einigen Jahren durch die Welt. Geblieben sind die Bilder des lebenslangen Schaffens eines Fotografen mit einem ausgeprägten Sinn für das Monumentale.
Bild: Corset by Detolle for Mainbocher, 1939, Copyright: Conde Nast Horst Estate.
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Vor einigen Jahren fand die Ausstellung Horst: Photographer of Style des Londoner Victoria and Albert Museums statt. Von der Kunsthistorikerin Susanna Brown kuratiert, könnte sie als die bisher vollständigste Retrospektive über Horst P. Horst gelten: Beleuchtet wurden nicht nur seine Anfänge, sondern auch die unterschiedlichsten Aspekte seiner umfangreichen Karriere, die von schwarzweißen, surrealistischen Bildern bis zu geometrisch perfekten Nahaufnahmen von Pflanzen reichte. Bekannt wurde Horst vor allem durch seine ikonische Mode- und Lifestyle-Fotografien, die immer noch heute ausdrucksstark wirken.
Wir greifen einige Stationen des Lebens dieses außergewöhnlich talentierten Fotografen auf, und nehmen einige seiner Bilder unter die Lupe. Dabei lernen wir einiges über das Schaffen eines höchst professionellen Künstlers, der auf Umwegen zu seinem idealen Beruf kam, und stets von einem architektonisch geprägten Sinn für Ästhetik beeinflusst bliebt.
Der junge Horst Paul Albert Bohrmann
Zur Welt kam Horst am 14. August 1906, als Horst Paul Albert Bohrmann, im deutschen Weißenfels an der Saale. Bilder seiner Kindheit zeigen ihn fröhlich, mit Lederhosen und einem schüchternen Lächeln. Als Sohn einer Kaufmannsfamilie, absolvierte er wie erwartet eine kaufmännische Ausbildung und trat anschließen eine erste Stelle in Frankfurt an. In den goldenen Zwanzigern jedoch, musste Horst den aufregenden, erneuernden Geist der Zeit so stark gespürt haben, dass er gleich den kaufmännischen Beruf an den Nagel hängte, und sich nach Hamburg begab. Hier nahm er nahm er ein Architekturstudium an der Gewerbeschule auf, das ihm letztendlich zu Le Corbusier nach Paris führte.
Horst in Paris: Von der Architektur zur Fotografie
Aus Horsts jungen Leben in Paris sind einige beeindruckende Bilder vorhanden, die allerdings nicht von ihm stammen, sondern ihn anmutig zeigen: Als gut trainierter junger Mann mit einem makellosen Körper. Es sind die schwarzweißen Akt-Szenen von George Hoyningen-Huene, dem damaligen Cheffotografen der französischen Vogue. Horst lernte Hoyningen-Huene in Paris der Dreißiger kennen und lieben, und erlangte dabei als sein Model einen ersten Einstieg in die Modewelt. Diese Begegnung sollte sein Leben als junger Architekt grundlegend verändern: Das Modeln erweckte in Horst rasch das Interesse an der anderen Seite der Kamera, wo er eine Visualisierung entwickelte, welche seine Architektur-Ausbildung erahnen lassen konnte.
Horst und der Sinn fürs Monumentale
Es ist gerade in diesem Paris der dreißiger Jahre, wo Horst seine Anfänge als Fotograf macht. Sein architektonischer Sinn fürs Monumentale, was ihm das ganze Leben begleiten sollte, beginnt sich hier in seinen fotografischen Arbeiten erkennbar zu machen: Seine Modelle gleichen Motive antiker Bildhauerei, und erlangen durch die gelungenen schwarzweißen Licht- und Schattenspiele eine Komposition, die intim und dramatisch zugleich anmuten. Seine Aufnahme des Mainbocher-Corsets zeigt deutlich diese Ästhetik, und sollte zu einer der ikonischten Modefotografien aller Zeiten werden.

Horst und der Surrealismus
Kein künstlerisches oder kommerziell ausgerichtetes Schaffen entging in den dreißiger und vierziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts dem allgegenwärtigen Einfluss des Surrealismus. Dementsprechend zahlreich sind die Werke Horsts, welche trotz ihrer nüchternen, beinah bildhauerisch gebauten Kompositionen, unwirklich in dem von ihm erschaffenen Schattenspiel wirken. Sein Werk Barefoot Beauty zeigt beispielsweise auf dem ersten Blick vier weibliche Füße, welche eine stilistische Einheit bilden, indem sie sich ineinandergreifend zu bewegen scheinen. Beim näheren Betrachten stellen sie sich jedoch als Attrappe heraus: Zwei davon sind leblose Statisten, welche den Betrachter in eine träumerische Welt zu verleiten versuchen.

In der Mode gab Horst den geeigneten Rahmen für Elsa Schiaparellis surrealistische Kreationen mit den geometrischen Linien und Schatten der umgebenden Architektur. Dabei versah den außergewöhnlichen Entwürfen mit einer erzählerischen, räumlichen Atmosphäre und folgte dabei dem roten Faden, der seine Modefotografie über Jahrzehnten prägen sollte: Es sind nicht die Kleidungsstücke an sich, welche die Stars des von ihm erschaffenen, bildlichen Modeuniversums sind. Vielmehr sind es die Geschichten, welche in ihnen gelebt werden und der dazugehörende Lebensstil, diejenigen, die im Vordergrund stehen.

Horst, Ikone der Mode-Fotografie
Horst etablierte sich als Modefotograf insbesondere durch seine Arbeiten in Farbe. Die Ausstellung Horst: Photographer of Style würdigte diese Bilder in der Sonderfläche Fashion in Colour, wo fünfundzwanzig großformatige Fotografien gezeigt wurden, die den modischen Geist ihrer Zeit in leuchtenden Farben aufgreifen und ausdrucksstark wiedergeben. Es handelte sich dabei um neue Drucke von den originalen Diapositiven aus dem Condé Nast Archiv. Die Bilder wurden von den Originaltexten der Zeitschriften begleitet, ihr ikonographischer Kontext dadurch beibehalten.
So empfahl die Vogue ihren Leserinnen das blaue gestreifte Kleid von Hattie Carnegie, innovativ aufgrund des „Herrenhemd-Stoffes“ seiner Verarbeitung, um bei den heißen Temperaturen frisch und stilvoll in Erscheinung zu treten. Dazu sollten sie idealerweise „rote Schuhen, passend zum Gürtel tragen, eine Kette aus blauen Glasperlen und ihre Frisur mit Blumen schmücken“. Horst schaffte hier ebenfalls den Rahmen im Raum und bildete mit breiten, waagerechten Streifen, in einer leicht diagonalen Perspektive, einen scharfen Kontrast zum luftig getragenen Modestück.

Die atmosphärische Qualität von Horsts Farbfotografie ist, so wie in seinen Schwarzweiß-Arbeiten zu sehen, seinem Gefühl für architektonische Monumentalität zu verdanken. Die Leichtigkeit des Sommers und der damit verbundenen Sehnsucht nach Erholung setzte er auf dieser Weise ins Szene für das Titelblatt der amerikanischen Vogue in Mai 1941: Vor einem weißen Hintergrund scheint ein roter Ball über den Füßen einer Badende zu schweben. Ein Hauch von Surrealismus, gepaart mit einem gelungenen Licht-Schattenspiel ziehen unsere Blicke in die Höhe, ohne die erzählte Geschichte der Badende, der Erholung, welche in der neuen Sommermode gelebt wird, aus den Augen zu verlieren.

Horst, der Naturliebhaber
Der menschliche Körper und die Menschen an sich, welche den Schwerpunkt zahlreicher Werke Horsts ausmachten, ließen vermutlich seine Naturaufnahmen in Vergessenheit geraten. Seine Bilder von Pflanzen, Muscheln und Mineralien zeugen für einen treffsicheren Blick für die Schönheit im Detail: Hier wiederum entdecken wir Horst, den früheren Architekten, anhand der perfekten geometrischen Formen, die er in der Natur mit einem scharfen Auge wiederfindet und deren Strukturen er makellos herausstellt. Sein Buch Patterns from Nature dokumentiert hervorragend diese Arbeiten.

Horst, der Fotograf, der Stil mit Authentizität verband
Horst P. Horst bleibt bei uns in Erinnerung durch die kraftvollen Bilder seiner Mode- und Lifestyle-Fotografie. Ob schwarzweiß, oder in Farbe, Horst griff gewisse Haltungen und die Lebenseinstellungen seiner Fotografierten auf. Dabei gab er jedes Mal den Zeitgeist wieder: Alles, was von gewissen Mitgliedern der Gesellschaft auf eine ganz individuelle Art und Weise gelebt und angestrebt wurde. Die Mode an sich diente ihm dabei als Mittel, die Inszenierung als Sprache, der Raum als Perspektive. Ihm ging es nie um Hüte, Handschuhe, Kleider, oder Körper. Ihm ging es stets darum, die Haltung von Menschen zu zeigen, welche sich in gewissen Milieus zu bewegen wussten. Die Stilwelten, die dabei zum Vorschein kamen, haben bis heute nicht an Aktualität eingebüßt, und sind dabei perfekt in der Lage, uns als unerschöpfliche Quelle der Inspiration zu dienen.
Für alle, die es nicht in die Ausstellung schaffen konnten, und sich die Werken dieses einflussreichen Fotokünstlers genauer anschauen wollen, empfehlen wir den entsprechenden Bildband. Darin lassen sich nicht nur Horsts berühmte Werke der Modefotografie, sondern auch seine Aufnahmen von Akt-Szenen, Blumen, Landschaften und prominenten Häusern: Ein umfassender, sorgfältig aufbereiteter Katalog der Kuratorin Susanna Brown.
Weitere Infos zu Horst P. Horst und zum Band Horst: Photographer of Style
Vor dem zweiten Weltkrieg siedelte Horst Paul Albert Bohrmann nach Amerika und wurde dort zu Horst P. Horst. Er widmete sein berufliches Leben der Schönheit und derer stilvollen Inszenierung. Der junge Horst, Sohn einer gutbürgerlichen Kaufmannsfamilie, fand auf Umwegen zur Fotografie, beeinflusste die Modewelt, verkehrte mit quirligen Künstlern und Prominenten, und führte doch ein fast verblüffend bürgerliches Leben. Nach seiner Trennung von George Hoyningen-Huene verliebte er sich 1938 in den britischen Diplomaten Valentine Lawford und wurde zu seinem Lebensgefährten bis zu dessen Tod im Jahr 1991. Gemeinsam adoptierten sie ein Kind. Er diente im zweiten Weltkrieg an der Seite seiner neuen Heimat und blieb ihr bis zu seinem Tod im Jahr 1999 verbunden.
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